Folgender Beitrag wird einer von vielen sein. Airbnb ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt, auch weil es nicht nur ein Kapstadt Problem ist. Andere Städte, wie Barcelona, versuchen das Airbnb Problem schon zu lösen, in dem sie Airbnb verbieten und ehrlich gesagt finde ich es einen absoluten richtigen Schritt.1 Es lässt sich sicherlich diskutieren, ob ein Verbot notwendig ist oder ob sehr strenge Regeln und eine Behörde, die die Strafen durchsetzt, ausreichen würde.

Welches Airbnb Problem hat Kapstadt?

Ich werde nicht die gesamte Kapstadt Geschichte ausrollen, sondern lieber einen separaten Beitrag dazu erstellen. Zur Vorgeschichte muss trotzdem erwähnt sein, dass Coloureds und Blacks während der Apartheid aus der Stadt vertrieben wurden und irgendwo außerhalb der Innenstadt wortwörtlich in den Sand gesetzt wurden. Kapstadts Regierung, seit 2009 regiert von der Democratic Alliance (vergleichbar mit CDU/FDP), hat bisher noch keine einzige Sozialwohnung in der Innenstadt oder in den reichen Stadtteilen am Meer gebaut. Es wurden eher noch aktiv Sozialwohnungen verhindert.2 

In Kapstadt sind Airbnbs nicht reguliert. Im Dezember 2024 gab es 25.816 gelistete Airbnbs.3 Das sind mehr als in Tokio oder Barcelona. Über 60% der Airbnbs (die Dunkelziffer ist höher) werden das ganze Jahr über als Airbnb an Touristen vermietet und werden somit dem Wohnungsmarkt für Locals entzogen.4 Ursprünglich war Airbnb als Möglichkeit angedacht, Urlaub bei einem Local in einem Zimmer oder einer Wohnung zu machen. Es sollte authentischer sein als ein x-bliebiges Hotel. In Kapstadt ist aber eher der Fall, dass einerseits nie ein Local in dem Airbnb gewohnt hat und andererseits kaum ein Anbieter versucht sein niedriges Monatsgehalt mit dem vermieteten Zimmer aufzubessern. Die Statistik zeigt, dass wenige Menschen die meisten Wohnungen in Kapstadt anbieten. Anders als Airbnb es darstellt, ist das Geschäft in Kapstadt in den Händen von Wenigen. 10 % der Gastgeber besitzen 42% der Wohnungen auf Airbnb oder auch 1% besitzen 20% der Wohnungen. Der Bürgermeister von Kapstadt sollte sich mit seiner Kollegin aus Paris unterhalten. In Paris ist der Trend gedreht worden, dass eine Person Hunderte Wohnungen anbietet. Die meisten Airbnb Gastgeber bieten nur eine Wohnung oder ein Zimmer an. Um Airbnb zu regulieren, fehlt aber derzeit immer noch der politische Wille. Die Democratic Alliance ist bekannt für ihre unternehmerfreundliche Politik und ihre stolze Partnerschaft mit Airbnb. Dan Corder berichtet in seiner Show5, dass Gwen Ngwenya viele Jahre Leiterin für politische Strategie der Democratic Alliance war und mittlerweile dieselbe Position bei Airbnb Afrika besetzt. Seinen Beitrag zur Airbnb Krise in Kapstadt kann ich nur empfehlen: Airbnb, DA, Cape Town’s housing crisis – YouTube

Die meisten Airbnbs befinden sich übrigens in der Innenstadt, in den reichen Stadtteilen am Atlantik wie Sea Point, Green Point oder Camps Bay, in denen nur Weiße wohnen. Es sind Stadtteile, aus denen Coloureds und Blacks während der Apartheid vertrieben wurden und in denen die Regierung immer noch keine Sozialwohnungen bauen wollte. Stattdessen kämpft die Regierung aktiv vor Gerichten gegen Sozialwohnungen in den Gebieten.6 Anstatt Sozialwohnungen zu bauen und Coloureds und Blacks wieder in die Stadtteile, in denen sie früher gewohnt haben, zurückziehen zu lassen, werden immer wieder neue Wohnblöcke gebaut, die dann als Airbnbs genutzt werden, damit Touristen reiche weiße Immobilienbesitzer noch reicher machen. In den reichen weißen Gebieten scheint kein Platz für Coloureds und Blacks zu sein.

Das Problem mit den Airbnbs ist nicht nur, dass Wohnungen den Locals weggenommen werden, sondern auch dass Airbnbs die Mietpreise für alle anderen Wohnungen steigen lassen. Die Folge ist, dass Menschen ihre Miete nicht mehr bezahlen können und in Stadtteile außerhalb des Zentrums ziehen müssen. Kapstadt hatte schon immer zwei Seiten und es hat sich auch seit dem Ende der Apartheid kaum etwas geändert. Früher durften Coloureds und Blacks nicht in der Innenstadt und in den Stadtteilen mit den schönen Stränden wohnen, weil das Apartheidsregime es verboten hatte und heute können sie dort nicht wohnen, weil die Stadtteile aufgrund der hohen Mietpreise nur noch für Touristen und Reiche bestimmt sind und die demokratisch gewählte Regierung bisher keinen politischen Willen zeigt diese Entwicklung zu verändern.

Die Gentrifizierung von Stadtteilen ist natürlich nicht nur Airbnb zuzuschreiben. Auch die Politik spielt eine aktive Rolle in der Gentrifizierung und somit Vertreibung von der coloured und black Arbeiterklasse aus der Innenstadt und ihrer nahen Umgebung. Gute Beispiel sind Woodstock, Salt River und Observatory. Alle drei Stadtteile liegen sehr nahe an der Innenstadt und sind bekannte coloured und black Arbeiterklasse Stadtteile, weil sie überraschenderweise unter Apartheid, trotz Nähe zur Innenstadt, nicht als white-only-Stadtteile deklariert wurden und somit keine Coloureds und Blacks vertrieben wurden. Die Regierung von Kapstadt empfand den schlechten Zustand der Stadtteile allerdings als störend und ist seit Jahren dabei die Stadtteile aktiv aufzubessern und andere reichere Menschen durch Steuervorteile anzulocken. Man könnte böse festhalten, dass die jetzige Regierung mehr Coloureds und Blacks aus den drei Stadtteilen vertreibt als das Apartheidsregime.

Ein guter Artikel zur Gentrifizierung von Woodstock ist vor 10 Jahren in the guardian erschienen.7 Es lässt sich in Teilen zur Sternschanze in Hamburg vergleichen, die früher auch ein Stadtteil der Arbeiterklasse war und davon heute kaum noch etwas übrig geblieben ist. Anders als in der Sternschanze würde ich von Woodstock noch nicht behaupten, dass die Latte Macchiato Fraktion unserer Gesellschaft den gesamten Stadtteil übernommen hat. Touristen und digitale Nomaden zeigen sich außerdem noch nicht zu viel, aber der Trend geht definitiv in die Richtung. In ein paar Jahren könnte der Vergleich zur Sternschanze noch besser passen.

Die einzige gute Nachricht in der Gentrifizierungs-Debatte um Woodstock kommt vom südafrikanischen Verfassungsgericht. Die Kapstädter Regierung wollte in guter Tradition, wie das Apartheidsregime, arme Coloureds und Blacks, die durch die Gentrifizierung aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben wurden, irgendwo außerhalb von Kapstadt aussetzen.8 Die betroffenen Menschen haben bis zum Verfassungsgericht geklagt und gewonnen. Die Stadt Kapstadt „failed to make provision for any Temporary Emergency Accommodation in the inner city in the face of the foreseeable evictions resulting from the phenomenon of gentrification consequent upon the implementation of the City of Cape Town’s development policies in Woodstock and Salt River“9

Das Verfassungsgericht stellte fest, dass die Stadt Kapstadt durch ihre Politik in Woodstock und Salt River aktiv zur Gentrifizerung beigetragen hat und somit zeitlich begrenzte Notunterkünfte in der näheren Umgebung zur Verfügung hätte stellen müssen. Die Stadt Kapstadt hätte es vorhersehen müssen, dass Menschen ihre Wohnungen verlieren und dadurch Notunterkünfte bräuchten. Das wichtigste am Urteil ist allerdings, dass die Wohnungen auch in der Nähe der alten Wohnungen sein müssen. Für die Austragung der WM 2010 wurden nämlich Menschen aus Woodstock und Salt River in Notunterkünfte nach Blikkiesdorp 30 km außerhalb der Stadt verfrachtet und leben bis heute dort.10  

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Airbnb natürlich nicht ausschließlich für steigende Mieten verantwortlich gemacht werden kann. Das Problem der steigenden Mieten ist ein System-Problem und die Politik versagt weltweit dagegen vorzugehen. Trotzdem halte ich ein Verbot von Airbnb in Kapstadt für wichtig. Es wäre definitiv ein Anfang im Kampf gegen zu hohe Mieten und für eine Stadt für alle.

  1. Barcelona Confronts Mass Tourism – The New York Times ↩︎
  2. Concourt judgment on Tafelberg could change future of social housing | GroundUp ↩︎
  3. Cape Town is the Airbnb capital of South Africa ↩︎
  4. Unpacking your Cape Town holiday: The unequal, concentrated impacts of Airbnbs ↩︎
  5. Airbnb, DA, Cape Town’s housing crisis ↩︎
  6. Judgment reserved in Tafelberg site legal battle: A fight for social housing in Cape Town ↩︎
  7. The gentrification of Woodstock: from rundown suburb to hipster heaven | Cities | The Guardian ↩︎
  8. Concourt win for Cape Town residents facing eviction | GroundUp ↩︎
  9. Charnelle Commando and Others v City of Cape Town and Another CCT49/23 ↩︎
  10. Life in ‚Tin Can Town‘ for the South Africans evicted ahead of World Cup | South Africa | The Guardian ↩︎