Kapstadts Parteienlandschaft unterscheidet sich etwas von der nationalen Ebene. Das liegt vor allem daran, dass Kapstadt demographisch anders aufgestellt ist als Südafrika. Die Einteilung der Menschen in black africans, coloureds, whites, asians/ indians hat auch heute noch großen Einfluss auf das Wahlverhalten der Menschen. In Kapstadt sind 42.4% coloureds, 38,6% black africans, 15,7% whites und weniger als 2% asians/indians.1 Im Vergleich dazu auf nationaler Ebene: 81,7% black africans, 7,2% whites, 2,6% asians/indians und nur 8,5% coloureds.2 Deswegen bekommen Parteien, die ihren Fokus auf Coloureds legen, viel mehr Unterstützung in Kapstadt im Vergleich zur nationalen Ebene.

Partei / BündnisKapstadt Stadtrat (2021)Nationalparlament (2024)
African National Congress (ANC)43159
Democratic Alliance (DA)13587
MK Party (uMkhonto weSizwe Party)58
Economic Freedom Fighters (EFF)1039
Patriotic Alliance (PA)49
Good91
Cape Coloured Congress (CCC) / National Coloured Congress (NCC)72
Andere / Sonstige823

In der Tabelle ist die Sitzverteilung der Parteien im Parlament in Kapstadt und im nationalen Parlament abgebildet. Der Unterschied ist auf den ersten Blick zu erkennen. Der ANC ist deutlich schlechter in Kapstadt als auf nationaler Ebene, der EFF ist auch nicht besonders stark, aber durch die Stimmen aus den Studentenvierteln lagen sie 2021 noch auf Platz 3 hinter dem ANC und der DA. Die MK Partei wurde erst 2023 gegründet und war deswegen 2021 noch nicht wählbar. Trotzdem ist davon auszugehen, dass sie in Kapstadt nur 1-2 Sitze geholt hätte. Anders als der ANC, genießt die DA in Kapstadt viel mehr Zustimmung als auf nationaler Ebene. Seit dem sie in 2006 das erste Mal stärkste Kraft in Kapstadt geworden ist, ist es zu ihrer politischen Herzkammer geworden. Die Stärke der DA in Kapstadt beruht neben der weißen Mittel-und Oberschicht, die im Vergleich zur schwarzen Unterschicht immer wählt und nie eine Wahl aus Protest aussetzen würde, vor allem auch auf den Stimmen aus den Stadtteilen wie Mitchells Plain, Lavender Hill, Manenberg und Hanover Park, in denen vor allem die Coloured Unterschicht und Arbeiterklasse wohnt. Mitchell’s Plain mit über 300.000 Wähler*innen ist dabei ein besonderer Garant.3

Während die Stimmen aus der weißen Mittel-und Oberschicht sicher bei der DA bleiben werden, ist der Kampf um die Stimmen der Coloureds inzwischen ausgebrochen. Das liegt vor allem an drei Parteien, die auf nationaler Ebene bisher kaum eine Rolle spielten, aber unter Coloureds aus Kapstadt mehr Unterstützung erfahren:

  • Patriotic Alliance (PA)
  • National Coloured Congress (NCC)
  • GOOD Partei (Good)

Patriotic Alliance

Die Patriotic Alliance wurde im November 2013 gegründet. Zu den Gründern zählen die Unternehmer und ehemaligen Häftlinge Gayton McKenzie (Parteivorsitzender) und Kenny Kunene. Die Gründung der Partei erfolgte als Reaktion auf die als unzureichend empfundene Politik gegenüber der Gangkriminalität und sozialen Problemen, insbesondere in den Coloured-Communitys des Western Cape. Sie trat erstmals 2014 zu nationalen Wahlen an, konnte damals aber keine Sitze im nationalen Parlament gewinnen. Bei den nationalen Wahlen 2024 erzielte die PA ihren bisher größten Erfolg: Sie gewann neun Sitze in der Nationalversammlung (von 400) und Gayton Mckenzie wurde Minister für Sport und Kultur unter der Regierung von Ramaphosa.

Im politischen Spektrum würde die PA als nationalistisch-konservative Partei am rechten Rand stehen. Ihr fünf Kernanliegen sind folgende:

  1. Massendeportation von illegalen Migranten und Stärkung der Grenzsicherheit
    Die PA fordert die sofortige Abschiebung aller Menschen ohne gültige Papiere und will die Grenzen durch Maßnahmen wie den Bau einer Mauer sichern, um illegale Migration zu verhindern.
  2. Wiedereinführung der Todesstrafe und Verschärfung des Strafrechts
    Die Partei will die Todesstrafe für Mord, Kindesmissbrauch, Muti-Morde (rituelle Morde) sowie für schwere Korruptionsfälle wieder einführen und das Strafrecht verschärfen, inspiriert vom Vorbild El Salvadors.
  3. Wirtschaftliche Umverteilung und „People’s Empowerment Partner“
    Die PA will das System der Black Economic Empowerment reformieren, sodass nicht nur eine kleine Elite, sondern alle registrierten Wähler aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen profitieren. Dazu soll eine staatliche „People’s Empowerment Partner“-Einheit eingerichtet werden, die Anteile an Schlüsselindustrien hält und die Dividenden an die Bevölkerung ausschüttet.
  4. Staatliche Unterstützung für lokale Gemeinschaften und traditionelle Führer
    Die PA setzt sich für mehr Macht und finanzielle Unterstützung für traditionelle Führer (u.a. im Bergbau), lokale NGOs und Kirchen ein. Zudem will sie Gemeindehallen und Sportanlagen modernisieren.
  5. Wehrpflicht und religiöse Erziehung
    Die PA plant die Wiedereinführung der Wehrpflicht für arbeitslose Jugendliche sowie die Einführung von religiöser Erziehung an Schulen, insbesondere die Vermittlung der Zehn Gebote, um Werte zu stärken.

Ihre politischen Hochburg liegen nicht überraschen in coloured Communitys. Anders als zum Beispiel der National Coloured Congress sind sie vor allem stark in ländlichen Gebieten und kleinen Städten des Western Capes und in coloured Communitys in Johannesburg. Bei der letzten Wahl in 2021 haben sie deswegen auch nur vier Sitze in Kapstadt geholt und auch bei der Wahl 2024 konnten sie der DA in den oben genannten umkämpften Coloured-Communitys von Mitchells Plain, Lavender Hill, Manenberg und Hanover Park wenig Schaden zufügen. Das hat zwei Gründe: Gayton Mckenzie und Kenny Kunene kommen beide aus Johannesburg und nicht aus den Cape Flats und die PA unterstützt Israel im Konflikt mit Palästina, das bei muslimischen Coloureds in den Cape Flats nicht gut ankommt.

Als einzige von den drei Parteien schafft es die PA aber auch außerhalb des Western Capes und außerhalb ihrer Homebase in Johannesburg Stimmen zu gewinnen. Laut dem Dan Corder Report zählen sie zu den Gewinnern nach einem Jahr Regierung der nationalen Einheit (GNU), auch weil Gayton Mckenzie ein Showman ist, der gut ankommt.

National Coloured Congress

Als Gegenstück zu Gayton Mckenzies PA kann der National Coloured Congress (NCC) mit Fadiel Adams gezählt werden. Genau wie die PA wird der NCC von Coloureds gewählt und möchte die Stimme der Coloured Arbeiterklasse sein. Im Gegensatz zur PA haben sie ihre politischen Hochburgen in den Cape Flats, besonders in Mitchell’s Plain, auch weil Fadiel Adams dort wohnt und sich deswegen gut als Gesicht der Cape Flats präsentieren kann. Der Nachteil daran ist, dass er dadurch in anderen Landesteilen bisher nicht überzeugen konnte. Der NCC ist die Partei, die der DA bei den letzten Wahlen die Stimmen der Coloureds aus den Cape Flats zum Teil weggenommen hat und die Gefahr besteht, dass es nächstes Jahr bei den Lokalwahlen noch mehr Stimmen von der DA abziehen kann.

Der NCC wurde 2020 von Fadiel Adams gegründet, der zuvor die Bewegung Gatvol Capetonians ins Leben gerufen hatte. Diese Bewegung entstand als Reaktion auf Konflikte zwischen Coloureds in Mitchells Plain und Black Xhosa-Bewohnern in der angrenzenden Siedlung Siqalo im Jahr 2018. Adams motivierte die Erfahrung, dass die „einheimische“ Coloured-Bevölkerung sich benachteiligt fühlte, während „Zuwanderer“ aus anderen Provinzen, insbesondere dem Eastern Cape, von sozialen Wohltaten profitierten. Die Gatvol Capetonians forderten die Unabhängigkeit des Westkaps und wandten sich gegen die Zuwanderung aus anderen Teilen Südafrikas. 2020 erfolgte die Gründung der Partei als Cape Coloured Congress, 2023 wurde sie in National Coloured Congress umbenannt. Zu den zentralen Forderungen gehören:

  • Anerkennung der Coloureds als „First Nation Descendants“, also als Nachkommen der Khoisan, mit speziellen Rechten und Schutz.
  • Bekämpfung aller Formen von Diskriminierung, insbesondere gegen Coloureds, aber auch gegen LGBTQ-Personen.
  • Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt und für die Wiedereinführung der Todesstrafe für Vergewaltiger und Mörder.
  • Sicherheit und Chancengleichheit bei Jobs, Wohnraum, Bildung und Sicherheit.
  • Ablehnung der Zuwanderung aus anderen Provinzen, insbesondere aus dem Eastern Cape, da diese als Bedrohung für die sozialen und wirtschaftlichen Chancen der Coloureds wahrgenommen wird.

GOOD Partei

Die Partei wurde am 2. Dezember 2018 von Patricia de Lille gegründet, nachdem sie die Democratic Alliance (DA) verlassen hatte. De Lille, zuvor Bürgermeisterin von Kapstadt, war im Oktober 2018 mit anderen Abgeordneten aus der DA ausgetreten, nachdem ihr Korruptionsvorwürfe gemacht worden waren.

GOOD trat erstmals 2019 zur nationalen Wahl an. In der Nationalversammlung gewann die Partei zwei Sitze und Patricia De Lille wurde Ministerin für Tourismus unter einer ANC Regierung. Bei der letzten Wahl 2024 gewann GOOD nur sehr knapp einen Sitz in der Nationalversammlung wieder und De Lille blieb auch Ministerin für Tourismus in der Regierung der nationalen Einheit

Inhaltlich versteht sich GOOD als sozialdemokratische Partei mit einem starken Fokus auf soziale, wirtschaftliche und ökologische Gerechtigkeit. Zentrale Forderungen sind:

  • Spatial Justice: Abbau der räumlichen Ungleichheiten, die durch die Apartheid entstanden sind, und Schaffung gerechterer Zugänge zu Wohnraum, Transport und Arbeitsplätzen.
  • Grundsicherung: Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 999 Rand pro Monat für alle, die keine Arbeit haben und keine anderen Sozialleistungen erhalten.
  • Bekämpfung von Armut und Ungleichheit: GOOD setzt sich für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen und Chancen ein.
  • Bekämpfung von Korruption: Die Partei fordert eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption und will, dass korrupte Politiker bestraft werden.
  • Umwelt- und Klimaschutz: GOOD will den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen, Abfall reduzieren und die Rechte von Tieren und Umwelt stärken.

Ähnlich wie der NCC und die PA wird GOOD vor allem im Western Cape gewählt. Die Partei spricht insbesondere die Coloured-Bevölkerung an, aber anders als die PA und NCC auch progressiv eingestellte Wähler*innen, die sich nach sozialer Gerechtigkeit und einer glaubwürdigen Alternative zu den großen Parteien sehnen. Patricia de Lille selbst ist eine bekannte Stimme der Coloured-Community und genießt, auch als ehemalige Bürgermeisterin, besonders in Kapstadt hohe Anerkennung. Außerhalb des Western Capes bleiben keine Erfolge vorzuweisen, weswegen auch über ein Zusammenschluss mit anderen Parteien für die nächsten Wahlen nachgedacht wird.

  1. Cape Town Population 2025 ↩︎
  2. South Africa’s population | South Africa Gateway ↩︎
  3. Mitchells Plain – Wikipedia ↩︎